Von der Mülldeponie auf den Laufsteg: Kearney-Analyse zeigt Potenzial von Circular Fashion in der Mode- und Textilindustrie
23.03.2023 | Kunde: Kearney | Ressort: Österreich / Wirtschaft / Handel / Mode | Presseaussendung
Jede Sekunde landet eine Lastwagenladung an Kleidung auf dem Müll oder wird verbrannt. Hinzu kommen die oft unerträglichen Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern, ein extrem hoher Wasserverbrauch, giftige Chemikalien und zahlreiche andere negative Auswirkungen. In einer Analyse zeigt die Unternehmensberatung Kearney, wie mit zirkulärer Mode die Branche nachhaltig und umweltverträglich gestaltet werden kann.
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Wien, am 23. März 2023. Mit ca. 1,5 Billionen USD Umsatz und 300 Millionen Beschäftigten weltweit gilt die Bekleidungsindustrie zwar als wichtiger Wirtschaftsfaktor, durch ihre lineare Wirtschaftsweise hat die Branche aber auch äußerst negative Auswirkungen auf Umwelt und Stakeholder. Schätzungen zufolge wird weltweit jede Sekunde das Fassungsvolumen eines Müllwagens an Kleidung verbrannt oder deponiert und höchstens ein Prozent des von der Modebranche benötigten Materials in einem geschlossenen Kreislauf recycelt. „Der Großteil des Recyclings erfolgt nach dem sogenannten ‚offenen Kreislauf‘, bei dem die entsorgten Kleidungsstücke meist downgecycelt und zu einem anderen Produkt, wie etwa Putzlappen für die Industrie, verarbeitet werden“, sagt Marc Lakner, Managing Director Deutschland, Österreich & Schweiz bei der Unternehmensberatung Kearney.
Fast Fashion: Die meisten Textilien landen nach einem Jahr im Müll
Obwohl das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen der Textilindustrie in den letzten Jahren gestiegen ist, sind viele Verbraucher nicht bereit, auf ihr schädliches Konsumverhalten zu verzichten. So ist die Nutzungshäufigkeit von Kleidungsstücken in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark zurückgegangen. Die meisten Textilien werden nach weniger als einem Jahr, oft bereits nach sieben- bis achtmaligem Gebrauch, weggeworfen. Der Grund hierfür ist das Konzept der „Fast Fashion“, das darauf ausgerichtet ist, schnell neue Trends zu erfüllen, indem billige und qualitativ häufig minderwertige Kleidung produziert wird. „Aktuell tragen viele Unternehmen auch nicht dazu bei, diesen Trend zu ändern. Die Anzahl der angebotenen neuen Kollektionen steigt regelmäßig weiter an“, so Lakner. Und dann sind da noch die veränderten Konsumgewohnheiten in den Entwicklungsländern und deren wachsender Mittelklassebevölkerung, die zunehmend das Vorbild der Industrieländer übernimmt. Das alles wird gefördert durch optimierte Lieferketten, was zu einem relativen Preisverfall von Mode gegenüber anderen Produkten geführt hat und somit vielen Menschen die Chance bietet, verhältnismäßig mehr Kleidung zu kaufen. Ein weiterer wichtiger, aber leider noch stiefmütterlich behandelter Bereich ist die soziale Gerechtigkeit in der Branche: Es wird geschätzt, dass weltweit weniger als ein Prozent des Preises, den Kunden für ein T-Shirt in einem Geschäft bezahlen, an die Produzenten zurück fließt. Hinzu kommt die Umweltbelastung, etwa durch den Verbrauch großer Mengen von Wasser, gefährliche Chemikalien, Pestizide und nicht erneuerbare Ressourcen bei der Herstellung. Die Mengen sind erschreckend, verbraucht z.B. die Baumwollproduktion für eine einzige Jeans so viel Wasser, wie ein Mensch in zehn Jahren trinken könnte.
In 3 Schritten zur Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie
Um den Schritt von der linearen Produktion zu einer Kreislaufwirtschaft zu schaffen, müssen alle Interessengruppen – einschließlich der Modemarken und Einzelhandelsunternehmen, Kunden, Regulierungsbehörden sowie politischen Entscheidungsträger - an einem Strang ziehen. Kearney empfiehlt dazu folgende Schritte:
1. Design und Infrastruktur
Modemarken sollten einen größeren Fokus auf eine enge Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten legen, um gemeinsam Strategien zu erarbeiten, die die Umstellung von Quantität hin zu Qualität, Haltbarkeit und Nachhaltigkeit möglich machen. Dazu zählt z.B. eine bessere Transparenz bei ihren Lieferketten und Produkten. Dies fördert auch die frühzeitige Einbeziehung von leicht recycelbaren und herstellbaren Designs. Eine weitere Maßnahme ist der engere Austausch der Unternehmen mit ihren Endkunden sowie Recyclingunternehmen, um den Wert der Kleidungsstücke so lange wie möglich zu erhalten. Helfen könnte beispielsweise die Einführung beziehungsweise der Ausbau einer Infrastruktur zur Off-/Online-Abgabe von alten Kleidungsstücken. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Modemarken sollte zudem durch die Bildung von Vertriebsnetzen oder durch ein gemeinsames Vorgehen bei den Sammel- und Verwertungsverfahren gefördert werden. Ziele sind ein verstärktes Engagement der Unternehmen, eine enge Abstimmung untereinander sowie gemeinsame Innovationen.
2. Neue Geschäftsmodelle
Die derzeitigen Preissysteme sollten angepasst werden, damit negative, externe Effekte eingepreist und Verbraucher zu nachhaltigen Käufen bewegt werden. So könnten der „Fast Fashion“-Anteil sowie die Anzahl an neuen Kollektionen pro Jahr gesenkt werden. Um die Nachhaltigkeit zu fördern, sollten Modemarken und Einzelhändler zwei zusätzliche Säulen in ihren Geschäftsmodellen entwickeln: Zum einen sind das Secondhand-Angebote und Verleihoptionen, zum anderen die Wartung und Reparatur als integrierte Bestandteile des Online- und Offline-Geschäfts. Bei erfolgreicher Umsetzung könnte Prognosen zufolge der wirtschaftliche Wert des Modewiederverkaufs (und teils auch des Verleihs) bedeutend ansteigen.
3. Kommunikation
Modemarken sollten ihre Käufer durch Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen über nachhaltige Produkte informieren, um das öffentliche Bewusstsein zu stärken. Hierbei sollte der Fokus der Kommunikation darauf liegen, die Vorteile des Kaufs nachhaltiger Produkte und die damit verbundenen positiven Veränderungen hervorzuheben.
Fazit: Um die Industrie nachhaltig umzugestalten, müssen alle Glieder der Wertschöpfungskette eng miteinander kooperieren und sich gegenseitig zu Innovationen motivieren, beginnend mit Rohstofflieferanten, Designern und der Produktion bis hin zum Marketing sowie den Endkunden. Unternehmen, die nicht bereit oder fähig sind, sich an diesem Wandel aktiv zu beteiligen, werden ihre Wettbewerbsfähigkeit mittel- und langfristig gegenüber proaktiveren Beteiligten verlieren.
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