Wiener Linien-Chefin Reinagl will Wien zur „Tramhauptstadt der Welt“ machen, warnt aber vor langen und großen Baustellen.

In naher Zukunft sollen uns eMobilität und smarte Verkehrssysteme schneller und effizienter ans Ziel bringen. Doch halten diese Heilsversprechen einem Reality-Check stand? Wie Wien zur Tramhauptstadt der Welt werden soll, warum Radfahrwege nicht immer eine Lösung sind und warum uns in Wien noch größere Baustellen drohen, diskutierten bei der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein bei PwC Österreich Alexandra Reinagl (Vorsitzende der Geschäftsleitung Wiener Linien), Frank Simon Aeschbacher (CEO Swiss E-Mobility Group), Matthias Nagler (Verkehrsexperte ÖAMTC) und Michael Sponring (Territory Leader Energy, Utilities & Resources, PwC Österreich). Durch den Abend führte Susanne Hofbauer, Chefredakteurin der autorevue.

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Wien, 12. April 2024. Smart Traffic: Vieles ist Zukunftsmusik, vieles steckt noch in den Kinderschuhen – zumindest, wenn man an europäische Städte denkt. Bei der Top Speakers Lounge in den Räumlichkeiten von PwC Österreich im DC Tower erörterten Alexandra Reinagl, Vorsitzende der Geschäftsleitung Wiener Linien, Frank Simon Aeschbacher (CEO Swiss E-Mobility Group, Zürich), Matthias Nagler (ÖAMTC) und Michael Sponring (Territory Leader Energy, Utilities & Resources, PwC Österreich) wohin die Reise führt und welche Stolperfallen auftreten können.

U5 ist letzte U-Bahn in Wien

Trotz vieler unterschiedlicher Standpunkte war klar, an den öffentlichen Verkehrsmitteln wird auch in Zukunft kein Weg vorbeiführen. In ihrem Impulsvortrag betonte Alexandra Reinagl, dass unter dem Titel „Jahrzehnt der Modernisierung des Öffi-Netzes“ 12 neue U-Bahn-Stationen und - bis 2040 - alle 500m ein WienMobil Sharing-Angebot geplant ist. „In meiner Schaffensperiode wird die U5 die letzte U-Bahnlinie sein, denn man muss sich die Frage stellen, wie CO2-freundlich Tiefbau, auch mit grünem Beton, ist. Hier in Wien haben wir auf die Straßenbahn gesetzt. Das ist ein Vorteil. Meine Vision: Wir werden die Straßenbahnhauptstadt der Welt. Die Straßenbahn ist eine Antwort auch für Pendler und wir setzen auf die neuesten Technologien. Natürlich würden wir auch gerne eine Straßenbahn ins Umland bauen, aber dafür braucht man Partner, und die sind noch offen“, so Alexandra Reinagl. Bei all der Euphorie für den Ausbau des öffentlichen Netzes ist sich die Chefin der Wiener Linien auch der Auswirkungen auf die Bewohner bewusst. Reinagl: „Wir haben das Jahr des öffentlichen Verkehrs ausgerufen. Jährlich müssen 3 Prozent des Schienennetzes erneuert werden. Das heißt, die Baustellen gehen sich im Sommer nicht mehr aus. Sie werden länger und größer, denn man reißt nicht erst die Schienen raus, dann kommt das Fernwärmenetz und dann der Kanal. Jetzt wird möglichst alles auf einmal gemacht und danach 15 Jahre nicht mehr angefasst.“

Weniger überzeugt ist die Managerin von der individuellen E-Mobilität. Auch wenn in Zukunft 60 E-Busse der Wiener Linien den CO2-Verbrauch senken sollen, so sind für Reinagl E-Autos nicht die Zukunft der Mobilität in der Stadt. „Man sollte etwas über Verzicht nachdenken. Daher steht Verkehr vermeiden an erster Stelle. Wenn das nicht geht, sollte er verlagert werden und letztendlich verbessert werden.“

Preis für Elektroautos ist für Privatnutzer einfach zu hoch

Bedenken, was die E-Autos angeht, kommen auch von Michael Sponring (PwC Österreich). „Um den Verkehr von heute auf morgen umzustellen, bräuchte es mehr als die Hälfte des österreichischen Strombedarfs und eine Verdreifachung der Kapazität. Zudem ist der Preis für Elektroautos für Privatnutzer einfach zu hoch. Hinzu kommen hohe Ladepreise von bis zu 90 Cent pro KWh. Aktuell findet ein Umdenken statt. Auch 2070 werden wir noch mit Verbrennungsmotoren fahren, wie der Bosch-Vorstand sagt. Da gebe ich ihm Recht. Technologieoffenheit ist das Gebot der Stunde.“

Das große Ganze hat auch Matthias Nagler vom ÖAMTC im Blick: „In der Stadt gibt es kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Man muss den öffentlichen Raum neu denken und nicht überall einen Radstreifen hineinquetschen. Wir haben konkrete Konzepte entwickelt und zeigen, dass es möglich ist, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer unter einen Hut zu bringen. Menschen vom Autofahren abzuhalten, ist nicht die Lösung. Viel wichtiger sind Anreize, wie zum Beispiel der öffentliche Verkehr. Auch die meisten ÖAMTC-Mitglieder fahren in der Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Umland dominiert das Auto, aber von Wien nach St. Pölten kommt man mit dem Auto in 20 Minuten nicht.“ 

Das Thema Angebot ist auch für Frank Simon Aeschbacher der Schlüssel zur Mobilität von morgen. „Das Angebot für die Mitarbeiter ist wichtig. Das kann ein Fuhrpark für den täglichen Bedarf sein oder, wenn man die Mitarbeiter motiviert, mit dem Rad – eventuell als Leasingangebot - zu fahren. Hinzu kommt unser Angebot an Unternehmen, ihnen eine ganzheitliche Beratung zukommen zu lassen.“

Mit dabei waren auf Einladung von Urs Weber (Generalsekretär der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein) und Gastgeber Rudolf Krickl (PwC Österreich) u.a. Piero Andri (Swiss E-Mobility Group), Ursula Bazant (ÖBB Infrastruktur), Awedis Cocyan (MediaUnit Verlag), Bernhard Egger (Air Partner International), Laura Fernández Reining (PwC Österreich), Michael  Hendrik Frecken (Detecon Consulting Austria), Gerlinde Gahleitner (Austrian Business Agency), Michael Grahammer (BDO Corporate Finance), Markus Gubler (Ingram Micro), Chantal Häfliger (Hult / EF Corporate Education), Elyne Hager (SEMG), Olga Hartinger (Österreichische Post), Thorsten Heiling (Vitra), Isabelle Lieve Hooyberghs (PwC), Agatha Kalandra (PwC Österreich), Nikolaus Kawka (Zühlke Engineering Austria) GmbH), Benjamin Koch (Detecon Austria), Oemer Koeksal (Allane Mobility Consulting), Bernd Kortschak (WU), Johannes Linhart (Senat der Wirtschaft), Teresa Loreth (Detecon Consulting Austria), Alfons Moser (Akkord), Michael Pérez (lawco Rechtsanwälte), Hans Pfeffer (Immoerfolg Immobilien Management GmbH), Robert Pichler (Stromquelle), Michael Renée Ramdohr (ÖVG - Österreichische Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft), Alexander Riklin (ALCAR Holding), Maximilian Schachner (IMC Krems), Marius Schada (Hult / EF Corporate Education), Barbara Schedler Fischer (Schweizerische Botschaft), Julia Schlader (Circular Growth), David Schmitz (Ardan), Beatrice Schobesberger (M&C Consult Instruct & Train), Andreas Steger (Rechtsanwaltskanzlei Mag. Andreas Steger), Christian Steger-Vonmetz (Universität Wien), Daniel Thomas (Allane Consulting Group), Ljupco Trajkovski (Reple), Roman Verdino (PAYONE), Karl Vock (BTV Staad Schweiz), Stefan Weiss (Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft), Alexander Wozak (HR Consulting Alexander Wozak GmbH), Martin Zeiner (A1Telekom Austria)

Über die Top Speakers Lounge

Die Plattform „Top Speakers Lounge“ ist eine Veranstaltungsreihe der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL), unterstützt von PwC Österreich. Thematisiert werden aktuelle Entwicklungen in Wirtschaft und Politik. Zu den bisherigen Keynote Speakern zählen u.a. Roland Hunziker vom World Business Council for Sustainable Development (WBCSD), Karl Pall (Digitalisierungsexperte, Gründer Google Österreich), Medienmanager Rudi Klausnitzer, Christine Antlanger-Winter (Google Country Director Switzerland, Regional Lead Austria & Switzerland), Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (Staatssekretärin SECO der Eidgenossenschaft), Andreas Matthä (Vorstandsvorsitzender der ÖBB-Holding AG), Dr. Johannes Schweifer (Co-Founder Bitcoin Suisse AG), Peter Spuhler (Executive Chairman und Group CEO a.i. von Stadler Rail AG).

Über die Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL)

Die HKSÖL versteht sich als umfassendes Netzwerk von Unternehmen und Verbänden, das die drei Länder Schweiz, Österreich und Liechtenstein verbindet. Die – rein privatwirtschaftlich finanzierte - Kammer unterstützt ihre Mitglieder in Wirtschaftsbelangen aller Art und fungiert als Interessensvertretung gegenüber Behörden und Politik.

www.hk-schweiz.at

, 2024-04-12