KMU Mittelstandstudie 2023: Der Optimismus schwindet

Laut einer Studie der globalen Unternehmensberatung Kearney und der Partner Raiffeisen, swiss export und Angst + Pfister AG zum Schweizer Mittelstand blicken KMU mehrheitlich optimistisch in die Zukunft, doch die Aussichten trüben sich ein. Aufgrund der konjunkturellen Verwerfungen werden geringere Umsätze und Margen befürchtet. Hohe Energie- und Rohstoffpreise, Rohstoffverfügbarkeit und Fachkräftemangel gelten als die grössten Konjunkturrisiken. Von der Politik wird eine Verbesserung der Beziehungen zur EU, Bürokratie-Abbau und Sicherung des Fachkräftebedarfs gefordert.

Die Studie und honorarfreies Fotomaterial, Copyright Kearney, finden Sie im Pressebereich

Zürich, 14. September 2023. Die von Kearney und den Partnern Raiffeisen, swiss export und Angst + Pfister AG publizierte KMU Mittelstandstudie gibt zum sechsten Mal einen Einblick in die aktuelle Lage, die Herausforderungen und Chancen für kleine und mittelgrosse Schweizer Unternehmen (KMU). Das Stimmungsbild zeigt, wie sich die Unternehmen angesichts aktueller geopolitischer und makroökonomischer Herausforderungen positionieren und auf die Zukunft vorbereiten. Befragt wurden 382 Vertreterinnen und Vertreter von Schweizer KMU im Zeitraum von Mai bis Anfang Juli 2023.

Der Fokus der Befragung lag auf der Widerstandsfähigkeit der Unternehmen im aktuell herausfordernden Umfeld. «Grundsätzlich beurteilen sich die KMU mehrheitlich als widerstandsfähig oder sehr widerstandsfähig gegenüber den aktuellen Krisen. Dennoch bereiten den Unternehmen vor allem steigende Rohstoff- und Energiepreise, deren Verknappung auf der Angebotsseite sowie der Fachkräftemangel Sorgen», sagt Fabian Siegrist, Kearney-Partner in Zürich.

Nach dem sehr optimistischen Ausblick der KMU in der letztjährigen Studie schwindet dieser Optimismus in der diesjährigen Befragung. Die Zurückhaltung der KMU zeigt sich unter anderem in den finanziellen Erwartungen. Nur noch die Hälfte der befragten Unternehmen gehen von steigenden Umsätzen für dieses Jahr aus, in den Vorjahren waren es 63 Prozent (2022) und 69 Prozent (2021).

Roger Reist, Leiter Firmenkunden, Treasury & Markets und Mitglied der Geschäftsleitung bei Raiffeisen Schweiz, bezeichnet den Gegenwind der KMU aktuell als groß: «Der durch die Pandemie entstandene Güternachfrage-Boom ist endgültig ausgelaufen und die Konsumenten geben stattdessen wieder mehr für Dienstleistungen aus. Andererseits wird die Industrienachfrage durch die hartnäckig hohe Inflation und den Zinsanstieg belastet. Dennoch bestätigt die Studie, dass ein Großteil der Schweizer KMU ihre Widerstandsfähigkeit einmal mehr unter Beweis stellt.»

Große Unterschiede bei der Widerstandsfähigkeit

Angesichts der zahlreichen und komplexen Herausforderungen, welche KMU in ihrem Geschäftsalltag gegenüberstehen, hat die Studie untersucht, wie die KMU auf Krisensituationen reagieren, um die Auswirkungen von Krisen zu mindern, im besten Falle ganz zu verhindern oder sogar davon zu profitieren. Für die KMU sind zufriedene Kunden und Mitarbeitende die entscheidenden Messwerte, an dem die eigene Widerstandsfähigkeit gemessen wird, erst dahinter folgen finanzielle Kennzahlen. Bei den konkreten Herausforderungen waren in diesem Jahr die Kosten für Rohstoffe, Energie, Transport und Logistik an erster Stelle. Mit Blick auf die kommenden Jahre erwarten die KMU aber insbesondere beim Zugang zu Fachkräften grössere Probleme. Nur 19 Prozent fühlen sich in Sachen Fachkräftemangel gut vorbereitet.

Gemäss den Studienergebnissen haben die befragten KMU zahlreiche Massnahmen ergriffen, um sich gegen Herausforderungen und Krisen zu stärken. An erster Stelle rangieren Prozessanpassungen, in denen auch die Digitalisierung von Prozessen beinhaltet ist. Dahinter folgen Investition in Innovation und Anpassung von Kunden- und Preisstrategien.

Claudia Moerker, Geschäftsleiterin Verband swiss export stellt fest, dass viele Unternehmen ihre Lieferketten auf die Verbraucherwünsche optimiert haben und die Lagerhaltung möglichst geringhielten, um Kosten zu sparen: «Diese Strategie hat die Unternehmen verwundbar gemacht. Um die Systeme zu entlasten, sollten Unternehmen auf langfristige Massnahmen setzen. Nearshoring und Regionalisierung der Zuliefererbasis sowie der Einsatz von digitalen Technologien und Künstlicher Intelligenz (KI) sind Schlüsselfaktoren, um die Krisenfestigkeit zu erhöhen und nachhaltiger zu werden».

Konjunkturelle Risiken belasten den Ausblick

Für die nächsten drei Jahre gehen noch 62 Prozent der Unternehmen von einer guten bis sehr guten Entwicklung des eigenen Unternehmens aus, im Jahr 2022 waren es noch 67 Prozent, 2021 sogar 76 Prozent. Somit haben die aufeinanderfolgenden Krisen und Herausforderungen ihre Spuren bei den KMU hinterlassen. Zwar bezeichnen sich viele Unternehmen als gut auf Krisen vorbereitet, gleichzeitig ist ein grosser Teil der Unternehmen von den jüngsten ökonomischen und geopolitischen Verwerfungen betroffen. Als grösste Konjunkturrisiken für die nächsten zwölf Monate identifizieren die befragten KMU wie bereits im Vorjahr die hohen Energie- und Rohstoffpreise, den Zugang zu Fachkräften und Personal sowie einmal mehr die unklaren bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.

Beziehung zur EU stabilisieren

Seit dem Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU hat sich an der bilateralen Beziehung zwischen der Schweiz und der EU wenig bewegt. Deshalb fordert weiter rund die Hälfte der befragten Unternehmen von der Politik, in der EU-Frage eine Lösung zu finden. Aus der Studie wird klar, die Wichtigkeit dieses Anliegens steigt mit der Grösse des Unternehmens. Angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftemangels nimmt die Forderung zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und zur Sicherstellung attraktiver Rahmenbedingungen und weiterer Standortförderung im Vergleich zu den Vorjahren zu. Der bereits jetzt je nach Branche stark ausgeprägte Fachkräftemangel unterstreicht, dass hier umfangreiche Anstrengungen sowohl seitens der Politik als auch auf Unternehmerseite erforderlich sind.

Die seit 2018 durchgeführte «KMU Mittelstandstudie» bietet jährlich eine Lagebeurteilung der Schweizer KMU. An der diesjährigen Befragung im Zeitraum von Ende Mai bis Anfang Juli 2023 haben 382 Vertreterinnen und Vertreter von Schweizer KMU teilgenommen.

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, 2023-09-14