Schwarze Kunst auf der Rudolfina-Redoute: Der Scherenschnittist Bernd Weidenauer

Interviewangebot mit einem Scherenschnittisten: Auf Österreichs größtem Maskenball – der Rudolfina-Redoute am 16. Februar 2015 in der Wiener Hofburg – wird ein uraltes Handwerk gepflegt: der Scherenschnitt, also die hohe Kunst des „Schattenrisses“.
Wien, 27.1. 2015. Ein dünnes Blatt Papier, eine Schere und drei Minuten Zeit – mehr benötigt Bernd Weidenauer nicht, um ein faszinierendes Portrait aus Licht und Schatten zu zaubern. Der Wiener beherrscht die uralte Technik des „Scherenschnitts“, eine 2000 Jahre alte Kunst aus Nordchina, die ursprünglich dazu diente, die Umgebung abzubilden. In Europa populär machte diese „schwarze Kunst“ jedoch erst ein französischer Finanzminister im Jahre 1757. Der suchte, angetrieben von einer damals schon chronisch knappen Staatskassa, nach einer günstigen Alternative zu den teuren Ölmalereien, um sein Schloss zu schmücken. Da kam dem Minister die Idee, das Profil angesehener Personen mittels Kerzenschein auf eine Leinwand zu projizieren und diese dann auszuschneiden. Sein Geistesblitz sollte ihn berühmt machen. Den Namen - Monsieur Étienne de Silhouette (1709–1767) kennt man noch heute.
Was folgte, war eine wahrer Scherenschnittboom, in dem flinke Künstler mit scharfen Scheren im Handumdrehen aus schwarzem Papier die wunderbarsten Portraits schufen. Auch Pflanzen, Tiere und Szenen des alltäglichen Lebens wurden durch Scherenschnitte dargestellt. Die Porträtsilhouette blieb bis zur Erfindung der Fotografie populär, verlor dann aber an Bedeutung. Nur in der Kunstszene lebt sie noch weiter. Eine bekannte österreichische Scherenschnittkünstlerin war z.B. die Klosterneuburgerin Josefine Allmayer (1904-1977), deren Werke im Museum Kierling noch heute zu sehen sind.
 
Der Scherenschnittist
Auch der Scherenschneider der Rudolfina-Redoute, Bernd Weidenauer, kommt eigentlich aus der Kunstszene, hat Malerei und Grafik studiert und zeichnet Karikaturen. „Durch meine 20 Jahre lange Arbeit als Karikaturist, bin ich ein Spezialist für die Physignomie des Kopfes geworden. Diese Erfahrung kommt mir auf Veranstaltungen als Livezeichner oder beim Scherenschnitt entgegen“, so Weidenauer.  Gelernt hat Weidenauer den Scherenschnitt bei einem – leider vor Jahren – verstorbenen Kollegen. Ein klassische Ausbildung oder sogar ein Studium gibt es dafür nicht. „Das faszinierende am Portrait-Scherenschnitt ist das Umsetzten der Profillinie in Minutenschnelle. Für mich ist jedes Gesicht eine neue Herausforderung - jede Profillinie ist anders. Ein guter Scherenschneider muss vereinfachen und akzentuieren können, damit das Gesicht einen möglichst hohen Widererkennungswert hat. Schwierig dabei ist natürlich die kurze Zeit, ca. 3 bis 4 Minuten,  die einem auf einer Veranstaltung zur Verfügung steht und das ohne Vorzeichnen oder der nachträglichen Möglichkeit zur Änderungen“, so Weidenauer, der sich selbst als „Scherenschnittist“ bezeichnet.
Wer sich selbst von den Künsten Weidenauers im wahrsten Sinne des Wortes „ein Bild“ machen möchte, der hat dazu am Rosenmontag, dem 15. Februar 2015, die Gelegenheit. Auf Österreichs edelstem und größtem Maskenball in der Wiener Hofburg wird der Scherenschnittist unzählige Persönlichkeiten und Ballgäste auf Papier verewigen.
 
Damenwahl
Die Rudolfina-Redoute gilt als der letzte große Maskenball Wiens. Einzigartig in Österreich ist hier die Damenwahl.  Bis Mitternacht dürfen ausschließlich maskierte Damen die Herren zum Tanz auffordern. Das und die ausgelassene Stimmung garantieren einen hohen Flirtfaktor.
 
Redouten, also Maskenbälle, gab es vor hundert Jahren noch viele in Wien. Jene der Studentenverbindung Rudolfina ist die letzte ihrer Art. Es herrscht eine strenge Kleiderordnung: Damen tragen langes Abendkleid und bis zur Demaskierung um Mitternacht Masken, die die Augenpartie verdecken. Die Masken reichen von der simplen Karton-Satin-Variante bis hin zu aufwändigen Federdekorationen. Herren kommen in  Abendgarderobe, d.h. in Frack, Smoking oder entsprechender Uniform (sog. „großem Gesellschaftsanzug“). Der Ball zieht stets sehr viele internationale Gäste wie etwa aus Deutschland, Italien, Frankreich, Kanada, den USA, Japan und Russland an.  Schließlich gilt die Rudolfina-Redoute als typischer Wiener Ball. 
 
116 Jahre Tradition – über die Rudolfina-Redoute
Ihren Ursprung hat die Rudolfina-Redoute bereits in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Seit 1899 wird der Ball traditionell von der katholischen Studentenverbindung K.Ö.St.V. Rudolfina Wien veranstaltet. Nur während des 1. Weltkriegs und der Nazi-Herrschaft in Österreich – da waren alle katholischen Studentenverbindungen verboten - gab es keine Rudolfina-Redouten. 1947 fand im kleinen Rahmen wieder die erste Redoute nach dem Krieg statt. Im Palais Pallavicini wurde 1948 die erste große Redoute der Nachkriegszeit veranstaltet. Nach zehn Jahren in den Sophiensälen kehrte diese 1959 wieder an den für sie in der ersten Republik schon traditionellen Veranstaltungsort, die Wiener Hofburg, zurück. Nach dem Krieg war die Rudolfina-Redoute damit der erste große Ball, der wieder in der Hofburg stattfand. Und dort wird sie seitdem jedes Jahr am Faschingsmontag (Rosenmontag) veranstaltet.
 
 
Was: Rudolfina-Redoute
Wann: Faschingsmontag, 16. Februar 2015
Wo: Wiener Hofburg
 
Karten ab 85 Euro, Studenten 35 Euro, auf www.rudolfina-redoute.at
 
Kleiderordnung
Damen: Großes Abendkleid mit Maske; KEINE Hosenanzüge, Cocktailkleider, Dirndln etc.
Herren: Schwarzer Frack mit Dekorationen, Schwarzer Smoking mit Mascherl (Fliege), Uniform (Großer Gesellschaftsanzug)
 
Interviewmöglichkeit: Scherenschnittist Bernd Weidenauer steht für Interviews und Phoner zur Verfügung. Anfragen bitte unter office@robinconsult.at Betreff: „Scherenschnitt“
, 2015-01-27